Seit ca. 10 bis 15 Jahren scheinen ETFs der beste Weg für Privatanleger zu sein, um an der Börse erfolgreich zu sein. Befeuert wurde diese Euphorie durch die Empfehlung der Investment-Legende Warren Buffett. Obwohl er selbst nicht in ETFs investiert, so empfiehlt er doch, den „know-nothing investors“ in ETFs zu investieren:
By periodically investing in an index fund, the know-nothing investors can actually outperform most investment professionals.
Warren Buffett
Doch ist das wirklich so? In diesem Beitrag schauen wir uns die drei größten ETF-Lügen, die Standardargumente der ETF-Fraktion einmal genauer an. Denn auch hier wird nicht immer mit offenen Karten gespielt. Denn auch wenn ETFs günstiger als ihre aktiven Gegenspieler sind, so geht es dennoch für die Fondsgesellschaften um Geld und Macht (Stimmrechte).
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ETF-Lüge 1: Privatanleger können den Markt nicht schlagen
Das ist meine Lieblings-ETF-Lüge… Meist werden diese Aussagen auf Basis von Studien der Depotanbieter herausgegeben und später von nahezu allen Banken und Fondsgesellschaften im Kreis zitiert.
Wie gehen die Depotbanken dabei vor?
Sie schauen sich alle Depots ihrer Kunden für einen gewissen Zeitraum an und vergleichen dann die Rendite mit „dem Markt“. Das Ergebnis stellt oft das totale Versagen der Privatanleger zur Schau und liefert der ETF-Fraktion genug Futter, um aus allen Rohren gegen aktive Investoren zu schießen.
Hier mal eine spannende Studie der ING zu den Depots von Privatanlegern in 2019. Die unten genannten Kritikpunkte treffen auf diese Studie aber ausdrücklich NICHT zu, da sie deutlich allgemeiner gehalten ist.
Doch schauen wir uns die Punkte einmal genauer an. Mir fallen spontan drei Dinge dazu ein:
1. Was soll der Markt sein?
Was ist denn eigentlich dieser Markt? Ist es der DAX, ist es der S&P 500 oder ist es der MSCI World? Im Kontext der Depot-Studien wird oft einer dieser Indizes gewählt und dann willkürlich mit allen Privatanlegern verglichen. Es wird nicht differenziert, welche Aktien sich in den Depots befinden.
Vielleicht haben einige Anleger nur deutsche Aktien im Depot. Mal unabhängig von der Frage, ob der ausschließliche Fokus auf deutsche Aktien Sinn ergibt, ist der Vergleich mit einem amerikanischen oder weltweiten Index einfach nicht zielführend. Es werden einfach Äpfel mit Birnen verglichen. Hier werden Dinge vergleichen, die nicht zueinander passen.
2. Welche Strategie verfolgt der Privatanleger?
Der nächste Punkt ist die Frage nach der Strategie. In der Regel kennt keine Depotbank die genaue Strategie der Privatanleger. Wenn wir nun losziehen und ein Depot mit ETFs, Anleihen und Mischfonds mit einem Aktienindex vergleichen ist klar, was rauskommt, oder?
Auch hier werden häufig Äpfel mit Birnen verglichen. Wenn ich mir meine eigene Anlagestrategie anschaue, dann habe ich meine Aktien über viele verschiedene Depotanbieter verteilt. Zum Beispiel habe ich ein zusätzliches Depot für US-Aktien*, da ich dort bereits ab 5 USD US-Aktien kaufen kann.
In anderen Depots habe ich auch nur zum Test, eine Handvoll Aktien liegen. Diese repräsentieren also in keiner Weise meine Gesamtstrategie.
3. Das Problem mit dem Durchschnitt
Als Letztes gibt es noch das Problem mit dem Durchschnitt. Ich möchte dir ein kleines Beispiel aus einem anderen Bereich mit einer anderen Aussage geben:
Die Wahrscheinlichkeit 100.000 USD im Jahr zu verdienen liegt bei 0,2%.
Das bedeutet, dass nur eine von 500 Personen ein Einkommen von $100.000+ hat, weltweit…
Spinnen wir das Ganze einmal mit fiktiven Daten ein bisschen weiter. Stell dir vor die Person:
- … lebt in Deutschland
- … ist Akademiker
- … ist Jurist
- … ist Jurist mit 20 Jahren Berufserfahrung
Du siehst, worauf ich hinaus will. Spätestens in der letzten Gruppe wird ein nennenswerter Anteil über 100.000 Dollar pro Jahr verdienen.
Genauso ist es auch an der Börse: Mehr Wissen führt nicht zwangsläufig zu einer höheren Rendite. In der Aussage: „Privatanleger schlagen den Markt nicht“ sind aber eben alle berücksichtigt. Telekom-Aktionäre der ersten Stunde. Erben, die sich nicht für ihr Depot interessieren. Und verrückte Zocker, die täglich hin und her springen.
Fazit: Es gibt eben nicht DEN Privatanleger. Mit entsprechenden Maßnahmen kannst du deine Chancen deutlich zum positiven verändern.
ETF-Lüge 2: Fondsmanager schlagen den Markt nicht
Wenn selbst die schlauen Fondsmanager den Markt nicht schlagen, warum sollte es dann der Privatanleger schaffen? Gute Frage, oder? Meiner Meinung nach eine weitere ETF-Lüge 😉
Neben einigen technischen Aspekten, die ich bereits in einem anderen Beitrag vorgestellt habe, unterliegt diese Aussage einer grundsätzlich falschen Annahme:
Das Ziel eines Fondsmanagers ist es, den Markt zu schlagen.
Aber ist das wirklich so? Ich glaube nicht, dass der Fondsmanager am Morgen aufwacht und als Ziel hat den Markt zu schlagen. Ich denke eher, dass er seinen Job behalten möchte und idealerweise noch seinen Bonus erreichen möchte. Doch wie könnten diese aufgebaut sein?
Ich bin nicht aus der Branche, aber ich habe da eine Theorie 😉
Ein Fonds verdient Geld über Gebühren. Je mehr Geld der Fonds verwaltet, desto höher sind die Einnahmen für die Fondsgesellschaft. Das Ziel ist es also die Gelder der Anleger im Fonds zu behalten. Dies schafft man aber nicht, indem man Risiken eingeht. Natürlich kann es gut gehen, dann geht der Fonds durch die Decke. Wenn es aber schlecht läuft, ziehen die Anleger ihr Geld ganz schnell wieder ab.
Das führt dazu, dass man vor dem Kunden gut aussehen muss. Und das jedes Quartal. Es werden die großen Aktien gekauft, die alle anderen Fonds und Indizes ebenfalls im Depot haben. Niemand möchte sich vorwerfen lassen, dass er 10% Rendite verpasst hat, weil er nicht in Aktie x investiert war. Denk das Thema einmal zu Ende.
Ich halte die Grundannahme für falsch, dass ein Fonds den Markt überhaupt schlagen möchte.
ETF-Lüge 3: Die Märkte sind effizient
Nach der Effizienzmarkttheorie sind alle Informationen an der Börse bereits eingepreist. Es gibt weder Untertreibungen noch Blasen an der Börse der aktuelle Preis ist immer der faire Wert an der Börse.
Diese These wurde 2013 sogar mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Doch auch wenn diese These logisch erscheint, erntet sie bereits seit Jahrzehnten starke Kritik.
Nehmen wir einmal ein kleines Beispiel aus dem Alltag: Stell dir vor, du findest auf dem Gehweg einen 10 Euro Schein. Nach der Effizienzmarkthypothese muss er gefälscht sein, denn wenn der Markt effizient wäre, hätte ihn schon jemand aufgehoben.
Über die Theorie der effizienten Märkte wurden bereits seitenlange Abhandlungen geschrieben. Doch auch wenn die Grundannahme stimmen mag, so wurde eine starke Form der Effizienzmarkthypothese noch nicht empirisch nachgewiesen.
Ich bin kein Wissenschaftler und kann die These nicht in einem einzelnen Beitrag widerlegen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass sie nicht (wie von ETF-Anbietern oft behauptet) in Stein gemeißelt ist. Es gibt viele Investoren, die seit Jahrzehnten erfolgreich die Märkte schlagen. Aber auch diese lassen sich nicht empirisch nachweisen.
Meiner Meinung nach liegt das daran, dass es noch eine unsichtbare Komponente gibt. Nennen wir es Bauchgefühl oder Erfahrung. Und genau diese Komponenten sind nur schwer zu quantifizieren.
Fazit: ETFs sind schlecht?
Nein, absolut nicht. Wie immer muss einfach differenziert werden. Ich sehe es ähnlich wie Buffett. Für viele Privatanleger sind ETFs ein tolles Instrument. Buffet beschreibt sie als „know-nothing investors“.
Ich halte es aber für gefährlich, ETFs als die einzige Lösung zu präsentieren. Es gibt einfach genug Gegenbeispiele erfolgreicher „aktiver“ Investoren. Ich bin überzeugt davon, dass wir mir genügend Engagement und Spaß an Aktieninvestments die Wahrscheinlichkeiten in unsere Richtung verschieben können.
Wer sich nicht mit Aktien beschäftigen möchte und nur jeden Monat Geld zur Seite legen will, ist sicherlich mit ETFs sehr gut beraten. Wer die Arbeit und Motivation reinsteckt, Aktien analysiert und auswählt und diese zum richtigen Zeitpunkt kauft, wird aber auch dafür belohnt werden. 😉
Tron meint
Schon recht populistische die Argumente als Luegen zu bezeichnen und dann mit eher halbgaren Gefuehlen als Beleg zu kommen.
Die wissenschaftlichen Untersuchungen zu Markettiming, aktiven Handeln etc. sind nicht allein auf Grundlage von Depotanbieteranalysen gemacht worden (habe aber dazu gerade keinen Quellenlink zur Hand, was meine Kritik der Gefuehle ohne Fakten etwas karikariert 😀 )
Die Zahl der Anleger, die mehrere Depots nutzen duerfte jetzt auch nicht so representativ fuer den typischen Anleger sein, wenn es schon so schwer faellt eine Bank zu wechseln (auch keine Statistik hierzu). Ich persoenlich habe auch mehrere Depots, bin aber gerade am reduzieren und letztendlich nur noch 3 zu nutzen.
„Ich halte die Grundannahme für falsch, dass ein Fonds den Markt überhaupt schlagen möchte.“
Warum sollte ich ihn dann teuer verwalten lassen wenn der Fondsmanager das nicht zumindest vorhat? Da jeder Fond einen im Prospekt beschriebenen Vegleichsmarkt hat (z.B. Blue Chips aus dem Euroraum), sollte er ja dann zumindest mindestens so gut sein wie ein Index, der diesen Bereich abbildet (vor Kosten).
Fuer dein Bachgefuehl fehlen mir eindeutig noch ein paar faktenbasierte Argumente 😉
Jan-Christian meint
Ja, ich verstehe was du meinst.
Bei der Zahl der Anleger schießt du jetzt aber auch ins Blaue 😉
Das Thema Markettiming greife ich im Beitrag doch gar nicht auf. Das Problem der Wissenschaft ist, dass man versucht anhand von z.B. einer Hand voll quantitativer Faktoren den Markt zu schlagen. So einfach geht es aber nicht. Es gibt noch viele qualitative Faktoren die mit reinspielen, so aber eben nicht wirklich messbar sind. Wenn es nach der Wissenschaft geht dürfte es weder Trader noch erfolgreiche Investoren aus dem Graham-Dodd-Dunstkreis geben. Diese gibt es aber beide und sie schlagen seit Jahren die Märkte. Was nicht heißen soll, dass es für jeden geeignet oder einfach umzusetzen ist.
Was sagst du zur These der effizienten Märkte, die nie wirklich für die Aktienmärkte bewiesen wurde, aber oft als „wissenschaftlicher Ansatz“ für ETFs dient?
Zonk meint
Ich habe das Gefühl die Efficient Market These wird von aktiven Investoren oft unwissentlich oder um ihre Argumente zu stützen falsch interpretiert. Das ist für mich auch das Kernproblem dieses Beitrags.
Sie besagt nämlich keineswegs, dass nie jemand den Markt oder eine ETF-Strategie schlägt. Das das sogar passieren muss, ergibt sich schon aus dem Gesetz der großen Nummern.
Die Kernaussage bzgl. Trading Erfolg ist, dass eine „Index- Strategie“ eine aktive trading Strategie öfter (nicht immer!) schlägt, wenn diese über einen gewissen Zeitraum ausgeführt werden. Je länger der Zeitraum, desto kleiner der Anteil aktiver Trader, die den Markt schlagen. Die Existenz einiger aktiver Trader denen dies dennoch gelingt, steht also nicht unbedingt im Konflikt mit dieser Theorie.
Jan-Christian meint
Ich muss meine Argumente nicht durch eine falsche Interpretation stützen, ich habe ja nichts davon.
Ich werfe ehrlich gesagt der ETF-Industrie genau diesen Punkt vor. Die Effizienztheorie ist eine Theorie, die teilweise widerlegt, häufig aber als die Wahrheit dargestellt wird.
Und dies mit dem Ziel ETFs zu verkaufen.
VG
Timo meint
Ich sehe das wie Tron. Du stellst hier aussagen verkürzt als Lügen hin, die so von keinem (seriösen) ETF Verfechter getroffen wurden.
„Privatanleger können den Markt nicht schlagen“/“Fondsmanager schlagen den Markt nicht“
Diese Argumente habe ich so noch NIRGENS (außer jetzt hier) gelesen. Was immer wieder gesagt wird, ist dass es für Privatanleger extrem *unwahrscheinlich* ist, dass sie den Markt schlagen.
Genauso schlagen natürlich immer wieder Fondsmanager den Markt. Zu jedem Zeitpunkt schlagen notwendiger Weise 50% der investierten Geldeinheiten (vor Kosten) den Markt. Die generelle aussage ist jedoch, dass die Gruppe der Fondsmanager, welche den Markt schlagen ständig wechselt und nicht vorausgesagt werden kann.
Zur Frage, was der Markt ist, würde ich für Privatanleger immer den MSCI ACWI IMI Index als Benchmark anlegen, da dies einfach „der gesamte Aktienmarkt“ ist. Natürlich ist es damit dann auch relativ leicht, diesen zu schlagen. In der jüngsten Vergangenheit hätte ein simpler NASDAQ ETF gereicht. Aber ob das in 50Jahren rückblickend immer noch so ist?
Zur Effizienzmarkttheorie: Keine Interpretation die ich kenne sagt, dass Märkte in jedem Augenblick effizient sind. Je nach arbitragehemnissen (liquidität, Wechselkurse etc.) können Marktsegmente sogar ziemlich lange ineffizient sein. Nur lassen sich diese ineffizienzen dann eben nicht ausbeuten. Und da ich kein Daytrader bin, interessieren mich kurzzeitige Ineffizienzen auch nicht. Für mich bedeutet die Effizienzmarkttheorie, das ich keine Mögichkeit habe, an Informationen zu kommen, die nicht auch millionen anderer Anlgeger haben. Und ich glaube einfach nicht, dass ich diese Infos *besser* verarbeiten kann, als dieses Kollektiv.
Jan-Christian meint
Danke für deinen Kommentar!
Worauf beruht deine Aussage, dass die Gruppe der Fondsmanager regelmäßig wechselt. Es gibt viele Investoren, die seit Jahren den Markt schlagen. Was ist deiner Meinung nach der Grund dafür?
Ich glaube nicht, dass der NASDAQ DIE Lösung ist, um langfristig den MSCI zu schlagen. Ich kritisiere aber, dass die Durchschnittsrendite von Kundendepots mit dem Markt verglichen wird, um dann zu argumentieren, dass es der Privatanleger nicht schafft, den Markt zu schlagen. Ohne Kenntnis der konkreten Anlagestrategien der Privatanleger ist eine derartige Aussage Mist.
Mit der Informationseffizienz bin ich bei dir. Warum lassen sich die Ineffizienzen nicht nutzen? Es geht im Beitrag nicht um Daytrading sondern um mehr oder weniger langfristiges investieren.
VG
Timo meint
„Worauf beruht deine Aussage, dass die Gruppe der Fondsmanager regelmäßig wechselt.“
Hier berufe ich mich tatsächlich ausschließlich auf Herrn Kommer und seine Untersuchungen (da er auch nur Forschungsarbeiten „bündelt“ gibt es davon bestimmt genug). Sicher kann man ihm voreingenommenheit Richtung ETF vorwerfen, ich würde ihn aber nicht als Lügner bezeichnen.
„Es gibt viele Investoren, die seit Jahren den Markt schlagen. Was ist deiner Meinung nach der Grund dafür?“
Zufall gepaart mit Statistik? Ich würde schätzen, mindestens 85% aller weltweiten Aktienanleger verfolgen eine mehr oder weniger aktive Strategie (mit, oder ohne ETF). Bei so vielen Anlegern MUSS es eine Gruppe geben, die auch über mehrere Jahre in Folge besser abschneidet als der Markt.
Und wie gesagt, 50% der investierten Geldeinheiten müssen notwendiger Weise den Markt schlagen.
„Ich glaube nicht, dass der NASDAQ DIE Lösung ist, um langfristig den MSCI zu schlagen.“
Ich auch nicht. Das war aber auch nicht mein Punkt.
„Ich kritisiere aber, dass die Durchschnittsrendite von Kundendepots mit dem Markt verglichen wird, um dann zu argumentieren, dass es der Privatanleger nicht schafft, den Markt zu schlagen. Ohne Kenntnis der konkreten Anlagestrategien der Privatanleger ist eine derartige Aussage Mist.“
Warum? Wie gesagt, ein Fondsmanager muss seine Leistung gegen seiner Strategie messen. Wenn er in Schwellenländer Small Caps investiert muss er sich gegen einen solchen Index messen lassen und diesem nach Kosten zumindest nicht hinterherhinken. Für den Privatanleger sehe ich die Benchmark jedoch im gesamten Aktienmarkt. Jede Abweichung davon (warum auch immer) sollte rational betrachtet mit dem Anspruch geschehen, den Breitmarkt zu schlagen.
Marko meint
Einerseits müssen ETFs aufgrund der Marktarithmetik insgesamt gegenüber dem Markt underperformen. Andererseits können die Kurse einzelner Aktien aufgrund des Informationsparadoxons nicht vollständig effizient sein. Das bedeutet: ETFs sind eine gute und einfache Lösung für die breite Masse, sich ohne großen Zeitaufwand nahezu die Marktrendite (inklusive Volatilität) zu sichern. Gleichzeitig muss dabei eben ein mittelmäßiges Ergebnis akzeptiert werden, das ist der Deal… Alles andere ist Alpha (positiv wie negativ) und mit teils hohem Aufwand (Opportunitätskosten) verbunden. Das rentiert sich auf Dauer nur dann, wenn man über echten Skill (systematischer und/oder erfahrungsbasierter Edge) verfügt.
Jan-Christian meint
Genauso sehe ich es auch!
Timo meint
„Gleichzeitig muss dabei eben ein mittelmäßiges Ergebnis akzeptiert werden, das ist der Deal“
auf ein Jahr gesehen gebe ich dir Recht. Auf einen langen Zeitraum bist du statistisch aber eben doch im Feld der Top-Performer.
Ich würde mal Schätzen im Mittel hast du etwa 20% der Fondmanager die positives Alpha in einem Jahr erzeugen. Und diese 20% sind im nächsten Jahr anders zusammengesetzt. Nicht komplett, aber einige, die in einem Jahr positives Alpha erzeugt haben, erzeugen im darauffolgenden ein negatives. Der ETF Anleger erzeugt aber IMMER 0 Alpha (die Trackingdifferenz der großen Brot-und-Butter ETF ist nahezu 0).
Damit ist man immer gerade unterhalb des 20% percentils, nie Top aber langfristig eben doch besser als 95% aller anderen.
Bob meint
Hallo. Ich bin’s, der Fondsmanager. Du hast völlig recht. Natürlich könnte ich den Markt schlagen. Ich will es bloß nicht. Ich hoffe meine Kunden auch nicht.
Jan-Christian meint
Danke für die Bestätigung 😉
Andreas H. meint
Der Vergleich mit dem 10 Euro-Schein ist Unsinn.
Sofern meine Erinnerung mich nicht trügt, denke ich da an Gerd Kommer, der das sogar in seinem Buch beschreibt, dass keineswegs alle Märkte informationsseffizient sind – Beispiel Gebrauchtwagenkauf. Der Aktienmarkt aber eben schon.
Jan-Christian meint
Wie begründet er denn, dass der Aktienmarkt effizient ist. Ich habe leider gerade das Buch verliehen.
Sven meint
Der Artikel ist ziemlich populistischer Unsinn. Eine andere Bezeichnung fällt mir dafür leider nicht ein.
1.)
Natürlich gibt es immer Anleger, die in einem x-beliebigen Zeitraum besser waren als „der Markt“. In dem System muss es ja zwangsläufig Gewinner geben.
„Den Markt schlagen“ bedeutet in diesem Zusammenhang natürlich, dass man es mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit (über 50%), erwartbar und systematisch kann.
Andernfalls ist es eben nicht vom Zufall zu unterscheiden. Und wer Zufall als „den Markt schlagen“ gelten lässt, kann auch gleich Lotto spielen. Da gibt es auch immer Leute, die besser waren als der Durchschnitt.
2.)
Was „der Markt“ ist, ist völlig egal. Das ist eine Nebelkerze.
Entscheidend ist die Feststellung, dass Privatanleger im Durchschnitt eine geringere Rendite erzielen als es ganz einfach möglich wäre.
3.)
Mit dem Durchschnitt gibt es auch kein Problem. Gemeint ist natürlich der kapitalgewichtete Durchschnitt.
4.)
Die Aussage, dass Fondsmanager den Markt in der Regel (!) nicht schlagen ist auch keine Lüge, sondern die 1000mal belegte Wahrheit.
Warum das so ist, ist doch völlig egal.
Die Gründe dafür ändern nichts an der festgestellten Tatsache.
5.)
Die Markteffizienzhypothese ist auch keine Lüge, sondern eben eine Hypothese. Hypothesen ist bekanntlich nicht belegt, sonst wären es keine Hypothesen.
Die starke Form der Markteffizienz am Aktienmarkt wurde nicht nur nicht nachgewiesen, sondern sie ist längst widerlegt. Die Wissenschaft geht mehrheitlich von einer mittelgradigen Effizienz aus.
Das Beispiel mit dem 10 Euro-Schein belegt natürlich nur eines, nämlich das der Autor die Markteffizienzhypothese nicht verstanden hat.
Jan-Christian meint
Hallo Sven, danke für deinen Kommentar!
Zu 1:
Es wird keine Strategie geben, die vorhersagbar den Markt schlägt. Sobald sie bekannt wäre, wäre der Vorteil dahin.
Klar kann man es als statistischen Zufall definieren, wenn der Markt geschlagen wird. Buffett hat vor vielen Jahren einige Personen aus der Graham-Schule benannt, die den Markt schlagen werden. Genau das haben sie größtenteils auch getan. Investieren besteht aber bei weitem nicht nur aus Zahlen. Sondern auch aus Fähigkeiten, die nicht unbedingt messbar sind.
2: Nein, dann nimmst du an, dass jedes Depot (bzw. Inhaber) welches bei einem Broker geführt wird, die beste Rendite erwirtschaften will. Dem ist nicht so, da diese Annahme die Risikotragfähigkeit und Risikotoleranz der Anleger außer Acht lässt. Ein Anleger, der bewusst nur 50% seines Portfolios in Aktien investiert, wird nicht die bestmögliche Rendite erreichen, das will er auch nicht. Jetzt zu argumentieren, dass er unter der bestmöglichen Rendite liegt ist zwar richtig, lässt aber seine Ziele außen vor.
3: Die Kapitalgewichtung hat nichts mit meiner Argumentation zu tun.
4: Nein, die Tatsache ist ja auch korrekt. Aber auch hier wird wie oben das Ziel nicht hinterfragt. Warum das so ist ist auf keinen Fall egal!
5: Also stimmst du mir zu, dass es nicht richtig wäre, anhand der MEH zu argumentieren, dass ETFs die einzige Wahrheit sind, oder?
Und nur darum geht es im Beitrag. Ich habe nichts gegen ETFs, sie sind ein tolles Mittel für einen großen Teil der Privatanleger. Die Argumentationen des ETF-Lagers sind aber in einigen Punkten einfach nicht korrekt oder extrem verbogen, um dem gewünschten Ziel zu dienen. Nur weil ETFs günstig sind, wird drum herum trotzdem eine Menge Geld verdient. Sie sind kein Allheilmittel und sollten ebenfalls (wie auch die Argumente) kritisch betrachtet werden.
VG
Mike meint
Hallo,
Ich geb mal meinen Senf dazu.
Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast, heißt es. Zurecht. Mit Durchschnitten ist es immer so eine Sache. Der Deutsche hat durchnittlich 1,3 Kinder. Tatsächlich gibt es natürlich keinen einzigen Deutschen, der 1,3 Kinder hat. Was sollte denn auch bitte ein 0,3-Kind sein? Ein Mordfall?
Die Aussagekraft statistischer Durchschnitte für das Individuum ist einfach begrenzt.
Dass die entwickelten Märkte langfristig betrachtet effizient sind ist klar. Allerdings sind die Märkte gerade deshalb langfristig so effizient, weil sie es kurzfristig eben nicht sind. Denn Märkte sind Try-and-Error Systeme.
Es kommt immer wieder zu Übertreibungen, das bestreitet ja nicht mal der Effizienzhypothesenpapst Gerd Kommer. Und die Übertreibungen kann man sehr wohl auch nutzen, auch wenn Herr Kommer das mal in einem Interview mit Verweis auf die auch kurzfristig gegebene Informationseffizienz bestritten hat, was freilich Blödsinn ist.
Es geht nämlich nicht um die Verfügbarkeit von Information, sondern darum, was der Einzelne daraus macht.
Kommentator Timo sagt passend dazu: „Für mich bedeutet die Effizienzmarkttheorie, das ich keine Mögichkeit habe, an Informationen zu kommen, die nicht auch millionen anderer Anlgeger haben. Und ich glaube einfach nicht, dass ich diese Infos *besser* verarbeiten kann, als dieses Kollektiv.“
Das ist völlig ok. Ich aber sage: Ich kann das. Mag ein Overconfidence-Bias sein. Ich kann mich irren. Schon möglich. Aber no risk, no fun. Wer ein Spiel nicht mitspielt, kann nicht verlieren, aber auch nicht gewinnen. Ich gehe ganz bewusst mit dem Selbstvertrauen, dass ich dazu fähig bin, an die Sache heran.
Es geht nicht darum hellseherisch perfekt am Tief zu kaufen und am Hoch zu verkaufen. Ungefähr reicht schon. Und das kann, wie reich werden, im Prinzip jeder, aber natürlich niemals alle.
Die Effizienzmarkthypothese in allen Ehren, aber die dogmatische Haltung vieler ETF-Gläubiger erinnert manchmal schon an Religion. Denn es gibt in diesen Diskussionen immer wieder eifrige Jünger, die einem wissenschaftlich „beweisen“ wollen, dass man den Markt ja (fast) nicht schlagen kann.
Tatsache ist aber, dass auch viele ETF-Investoren hinter ihren eigenen ETFs zurückbleiben. Ob nämlich die Indizes selbst besser abschneiden als die Mehrheit der Privatanleger, ist völlig irrelevant. Die spannende Frage ist, ob ETF-Investoren besser als die Mehrheit der übrigen Privatanleger (oder gar besser als der Markt bzw. ihr eigener ETF) abschneiden. Einige tun es, indem sie verstärkt kaufen, wenn es kracht. Andere tun es nicht, weil sie kalte Füße bekommen. Jetzt in der Corona Krise haben sogar viele ETF-Sparer ihre Sparrate ausgesetzt.
Ich halte nicht viel davon, die ganze Sache derart zu verkopfen. Das grenzt an intellektuelle Masturbation. Gerade das Beispiel der eingefrorenen Sparraten zeigt doch, dass man manchmal mit etwas Mut weiter kommt, als mit noch so genialen Theorien.
Ich jedenfalls will keinen Markt (welchen denn eigentlich?) schlagen. Ich will mindestens 20% Rendite per annum, und der Rest ist mir Wurst. Die 20% liefert der Markt einem aber nicht, wenn man nur passiv mitfährt. Dafür muss man etwas tun, und etwas riskieren. Und mir ist herzlich egal, ob die Mehrheit der Anleger das nun schafft oder nicht. Wichtig ist nur, ob ich es schaffe. Und der Weltanlegerdurchschnitt spielt dabei ungefähr die gleiche Rolle für mich, wie die 1,3 Kinder des Durchschnittsdeutschen.
Jan-Christian meint
Vielen Dank! Deinem Kommentar kann ich nur zustimmen!
Ich halte einfach die Einstellung für falsch zu sagen: Schaffe ich nicht, also gebe ich mich mit dem Durchschnitt zufrieden. Es gibt nun einmal viele Beispiele, die dies auf Dauer schaffen.
sestertius meint
Fun fact: Buffett hat Ende Februar mit Berkshire erstmals auch selber in ETFs investiert.
Jan-Christian meint
Mit einem Depotanteil von unter 0,05% ist das glaube ich zu vernachlässigen. Aber nicht falsch.