Und plötzlich ist es soweit, der lang erwartete Börsencrash hat uns seit gut fünf Wochen fest im Griff. Doch irgendwie haben wir uns das anders vorgestellt, oder? Wer hätte Anfang des Jahres schon gedacht, dass uns ein unsichtbares Virus in eine weltweit, noch nie da gewesene Krise stürzt? Nein, das hatte nun wirklich niemand auf dem Schirm.
In diesem Beitrag stelle ich dir meine drei Learnings aus dem Börsencrash 2020 vor und zeige dir, wie ich diese Fehler in Zukunft vermeiden werde. Lass uns anfangen.
Inhalt
1. Expect the unexpected
Mir klingt es noch immer in den Ohren: „Die Zinsen werden nicht steigen!“, „So lange die Zinsen niedrig sind, wird es weiter nach oben gehen.“, „2020 ist Präsidentschaftswahl, in Wahljahren steigt die Börse immer.“ Auch ich bin diesem Fehler aufgesessen und habe die Warnzeichen ignoriert. Schon 2019 sah die wirtschaftliche Lage in einigen Teilen der Welt nicht rosig aus. Zunehmende Kurzarbeit, Umsatzrückgänge, all das beschäftigte die Realwirtschaft in 2019.
Die Reaktion der Börse? Ab nach oben…
- Smartbroker (Ab 0 Euro pro Order handeln)
- Trade Republic (Aktien & ETFs provisionsfrei handeln)
- Consorsbank (20 Euro für deinen ersten Sparplan geschenkt)
- comdirect-Depot (Mein kostenloses Allrounder-Depot)
- DKB-Cash (dauerhaft kostenloses, verzinstes Girokonto)
- Weltsparen (Automatisches Parken der Cash-Reserve)
Hoch bis auf neue All-Time-Highs. Und dann? Kurz verschnaufen und ab aufs nächste Hoch. Der seit Jahren bestehende Bullenmarkt lief weiter. Zeitweise hob er sogar meine Bechtle-Aktie auf über 1.000 %. Mein erster Tenbagger. Aber das nur am Rande 😉
Die Börse lief und lief und ignorierte die Realwirtschaft. Anfang Januar dann die ersten Berichte über irgendein Virus in China. Jaja, die Chinesen wieder, nichts Neues, das wird uns schon nichts anhaben können. Neues Allzeithoch.
Na ja, du weißt, wie die ganze Geschichte geendet ist. Kurz nach den Hochs folgte einer der heftigsten Börsencrashs aller Zeiten. Allein zwei der Crash-Tage haben es beim DAX in die Top 10 der höchsten Tagesverluste geschafft.
Was habe ich jetzt aber daraus gelernt?
Ein Crash kommt, wenn niemand damit rechnet. Und nicht nur das, der Auslöser ist ebenfalls nicht offensichtlich.
Schauen wir einmal in die letzten Jahre: 09/11, Lehman-Pleite, Corona. All diese Auslöser sind nur das letzte Puzzle-Teil, tiefgreifender wirtschaftlicher Probleme, nicht aber die Hauptauslöser. Die realwirtschaftlichen Probleme die dahinter stehen, wurden einfach viel zu lange von den Märkten ignoriert.
2. (Fast) nichts ist sicher
Gold ist ein sicherer Hafen. Bitcoin ist das neue Gold. Dividenden sind die neuen Zinsen. Dieses Mal ist alles anders. Jaja, Theorie und Praxis. Der Corona-Börsencrash 2020 hat uns mal wieder gelehrt, dass es eben nicht so ist.
Was passiert in den ersten Tagen des totalen Abverkaufs?
Gold? Fällt. Bitcoin? Fällt noch mehr. Dividende? Okay, nicht sofort, aber hier werden auch noch einige gestrichen in den nächsten Wochen.
Aber worauf will ich hinaus? Dazu brauchst du ein bisschen Hintergrundwissen zu meiner Anlagestrategie. Hier im Blog veröffentliche ich nur meine Dividendenstrategie, mein Gesamtportfolio ist aber noch deutlich ausgewogener. Insgesamt unterscheide ich zwischen einem sicheren und einem riskanten Portfolio-Teil. Wobei „sicher“ bei mir ausdrücklich schwankungsarm bedeutet. In diesem sicheren Teil halte ich Immobilien, REITs, ein bisschen Gold, Anleihen und Cash.
Und genau das ist mein Fehler. Mit der Zeit bin ich leider gierig geworden, sodass hier und da immer mal wieder etwas in den „sicheren“ Teil rein gewandert ist, was dort eigentlich nicht hinein gehört.
Da AAA-Anleihen keine Rendite mehr liefern, landete also die eine oder andere B-Anleihe ins Portfolio. Gleiches auch mit REITs, ein REIT ist in meinen Augen nach wie vor ein tolles Instrument, um in Immobilien zu investieren. Aber REITs sind eben nicht vergleichbar mit Immobilien, da sie nun mal heftig schwanken können.
Also, was ist nun passiert? In den eigentlich sicheren Teil sind in den letzten Jahren immer wieder riskante Anlagen rein gewandert, die dort eigentlich nicht hingehören. In den letzten Wochen hat es die Märkte (zeitweise) zerrissen. Bei meinem riskanten Teil ist das vollkommen in Ordnung, das habe ich einkalkuliert. Nicht aber im sicheren Teil, hier ging es aber ebenso bergab. So hatte ich plötzlich ein deutlich höheres Risiko in meinem Portfolio, als ich eigentlich tragen wollte.
3. Cash is King
Jaja, ich predige es wahrscheinlich schon seit zwei Jahren. Halte ein bisschen Cash in der Hinterhand! Gar nicht mal nur im Hinblick auf den Crash, sondern auch für andere Gelegenheiten, die sich vielleicht im Alltag so ergeben.
Ein hoher Cashbestand ist zurzeit (noch) King. Wer jetzt die Kriegskasse gut gefüllt hat, der kann in den nächsten Wochen mit Sicherheit die eine oder andere Chance wahrnehmen. Bei mir sieht das eher ein bisschen anders aus…
Normalerweise habe ich in meiner Gesamtstrategie einen Cash-Bestand von etwa 15 bis 20 Prozent vorgesehen. Im Herbst letzten Jahres ergab sich dann allerdings eine dieser Chancen und ich habe zugegriffen. Ich habe ein Winziges, nicht börsengehandeltes, Unternehmen gekauft.
Soweit so gut, doch was war mein Fehler?
Ganz einfach: Ich habe den Eigenkapital-Anteil für den Unternehmenskauf fast komplett aus meinem Cash-Bestand genommen, ohne im Nachhinein die Risikostruktur anzupassen. Nach der letzten Rate Ende Januar 2020 bin ich also mit einer deutlich zu hohen Aktienquote in den Corona-Börsencrash hineingelaufen.
Die Wurzel allen Übels: Gier
Drei Fehler/Learnings und alle lassen sich unter einem Stichwort verbuchen: Gier.
Fast 20 Jahre nach meinem ersten Aktienkauf dachte ich eigentlich, dass mir so etwas nicht mehr passiert, aber vielleicht war genau das der Fehler.
Ich bin gierig geworden und habe mich nicht mehr an meine (eigentlich) klar formulierten Strategien gehalten.
- Expect the Unexpected: Ich habe schon wahrgenommen, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen merklich schlechter werden. Aber da es immer weiter nach oben ging, wollte ich nicht vom fahrenden Zug abspringen. Gier!
- (Fast) nichts ist sicher: Cash bringt keine Rendite? Stück für Stück habe ich mir Alternativen gesucht und mir dabei ein deutlich höheres Risiko aufgeladen, als ich tragen wollte. Gier!
- Cash is King: Ich habe mein Cash investiert, ohne im Anschluss meine Cash-Quote wieder anzupassen. Warum? Siehe auch Punkt 1, ich wollte keine Gewinne verpassen. Gier!
Okay, genug damit. Ich glaube, es wird deutlich. All unser Handeln an der Börse ist auf Angst und Gier zurückzuführen. Aber wie löse ich nun das Problem?
Was mache ich nach dem Börsencrash 2020 anders?
Zwei Dinge werden bei mir in Zukunft anders laufen:
Als Erstes werde ich meine Gesamtstrategie anpassen und noch ausführlicher dokumentieren, welche Werte in den sicheren und welche in den riskanten Portfolioteil gehören. Darüber hinaus werde ich auch noch klarer definieren, wann die Risikostruktur des Portfolios angepasst wird und wie oft ein Rebalancing durchgeführt wird.
Es ist nicht so, dass ich das nicht alles schon habe, aber ich werde mich in Zukunft deutlich strikter daran halten. Ich habe viele Erfahrungen aus dem aktuellen Börsencrash niedergeschrieben. So kann ich mich auch beim nächsten Crash noch daran erinnern und mache nicht dieselben Fehler wie 2020.
Als Zweites werde ich noch deutlich strikter mein Risiko analysieren. Auch das mache ich bereits regelmäßig, aber die Regeln dafür waren offenbar ebenfalls nicht klar genug. Ich habe es auch hier im Blog schon häufiger geschrieben: Rechne dir aus, was ein Verlust im Worst Case für dich bedeutet. Und zwar in Euro! Am besten kann man das auch noch in Gehälter oder Sparquoten umrechnen, um es noch deutlicher zu machen.
Der nächste Crash kann also kommen. Nachdem die Wunden geleckt sind, geht es weiter. Was wird wohl nur der nächste Auslöser sein? Angriff von Außerirdischen?
Wie reagierst du auf den Börsencrash? Was sind deine Learnings aus der Corona-Krise?
rolf meint
Hallo Christian,
ein sehr nachdenklicher Artikel, gut analysiert und hoffentlich die richtigen Schlüsse daraus gezogen.
Mir geht es ähnlich, nur das ich mir immer noch im unklaren bin was richtig ist.
Ja die Gier, das schleichende Gift, das ist das große Übel unserer Zeit.
Ich wünsch Dir ne glückliche Hand und verbleibe
mfG
rolf
Jan-Christian meint
Hallo Rolf,
ja, an der Börse dreht sich immer alles um Gier und Angst.
Ich denke es braucht irgendwie beides, um erfolgreich zu sein.
Problematisch wird es, wenn eines davon zu viel wird.
VG
Lukas - author of www.myfinancialfreedom.blog meint
Hallo Chris,
Finde toll, die Du über Deine eigene Strategie reflektierst und auch Fehler anerkennst.
Einem Punkt kann ich allerdings inhaltlich nicht folgen: Warum um alles in der Welt willst Du in Deiner Strategie 15 bis 20% in Cash halten? Damit erwirtschaftest Du ziemlich sicher real -2% p.a.
Ich würde immer empfehlen in einem Notfallfonds ca. 3-6x die monatlichen Kosten zu halten, doch wird das gerade bei einem größeren Portfolio niemals 15-20% sein.
Hilf mir gern auf die Sprünge warum Du das machst!
Viele Grüße und viel Erfolg weiterhin
Lukas
Jan-Christian meint
Hallo Lukas,
die Cash-Quote bezieht sich auf mein gesamtes Portfolio. Aktien machen hier nur ca. 50% meiner Gesamtstrategie aus.
Außerdem investiere ich nicht per Sparplan, sondern wenn sich gute Gelegenheiten ergeben, nicht nur am Aktienmarkt.
Ich will einfach flexibel sein. 🙂
VG
Christian meint
Hallo Christian,
ich bin ja mal gespannt, ob dein Fazit auch auf die aktuelle Situation anzuwenden ist oder ob letztlich doch die puren Optimisten siegen:
Aktuell ist es ja wirklich komisch: Neue Rekordstände bei Arbeitslosigkeit USA und die Aktienmärkte steigen. Ein schlimmer Einbruch der Wirtschaft zumindest für dieses Jahr scheint klar, aber die Kurse steigen. Die Staaten / EU erhöhen Schulden, die in den kommenden Jahren irgendwie ausgeglichen werden müssen, aber die Kurse steigen.
Ich gebe zu, dass ich doch die ein oder andere Gewinnmitnahme realisiert habe, und hoffe die liquiden Mittel mittelfristig für bessere Einkaufskurse nutzen zu können.
Wie siehst du die aktuelle Situation in Anbetracht deines Artikels oben…
Gruß,
Christian
Jan-Christian meint
Hallo Christian,
ich sehe die aktuelle Situation auch mit einer großen Vorsicht.
Ich werde jetzt nicht alles über den Haufen werfen. Möglicherweise werde ich aber noch dein einen oder anderen Gewinn mitnehmen.
Ich habe in den letzten Wochen gemerkt, wie wichtig es ist, wirklich gute Unternehmen im Portfolio zu haben. Hier fliegt mittelfristig der eine oder andere Wert bei mir raus. Ich schaue wieder mehr in die Zahlen und mehr auf Verschuldung und Cashflow.
Aktuell sehe ich vor allem eine schnelle Erholung z.B. durch einen Impfstoff o.ä. eingepreist aber noch keine riesige Rezession. Vielleicht liege ich da aber auch falsch und das ist schon der Effekt der mit Geld gefluteten Märkte.
Da ich es nicht weiß ist meine Lösung: Noch bessere Unternehmen ins Depot nehmen.
VG
PS: Das Problem welches ich aktuell mit den Bewertungen sehe ist, dass alle „guten“ Unternehmen schon wieder da stehen, wo sie bereits im Februar waren.
Alles was vergleichsweise tief steht (Shell, Darden etc.) hat durch Corona auch nachhaltige Probleme bekommen.